Alpen, Klima und Meteorologie. Das Buch „Breve storia delle Alpi tra clima e meteorologia“ (Abhandlung: Die Alpen zwischen Klima und Meteorologie – Club Alpino Italiano / Franco Angeli, Mailand 2019) befasst sich genau mit diesen Themen und nimmt die Zeit vom Spätmittelalter bis zum Ersten Weltkrieg als Hauptbezugsraum, ergänzt durch kurze Rückblicke auf das Altertum. Ein Blick aus der Vogelperspektive, um die Beziehungen zwischen der alpinen Umwelt, den Menschen und den Klimavariablen im Laufe der Zeit zu untersuchen. Genau diese Beziehungen, die in den letzten Jahren durch die offensichtlichen negativen Auswirkungen des Klimawandels gekennzeichnet sind, werden immer wichtiger, um unser Handeln auf unserer Mutter Erde zu verstehen und unsere Zukunft besser zu gestalten.
Gletscher, aber nicht nur
Von allen europäischen Gebieten ist der alpine Bereich zweifellos jener, der am stärksten vom Klimawandel betroffen ist. Die entsprechenden augenfälligen Veränderungen und stark negativen Auswirkungen sind in allen Berggebieten, von Friaul-Julisch Venetien bis ins Aostatal, feststellbar. Ein Beispiel von vielen: Das Abschmelzen der Gletscher im letzten Jahrhundert geht eindeutig aus den Bildern hervor. Selbst die unerfahrensten Webnutzer finden im Internet ebenso eklatante wie beunruhigende Bilder zum Rückzug der Gletscherzungen, von den Dolomiten bis zum Mont Blanc, die die bekanntesten Erhebungen, wie Ortler, Cevedale, Adamello und Monte Rosa betreffen. Der Rückzug beginnt aus historischer Sicht unmittelbar nach dem Ende der „Kleinen Gletscherzeit“ (1350-1850), als der Vormarsch der Gletschermoränen, im Gegensatz zur heutigen Situation, eine starke Beunruhigung für alle in ihrer Nähe lebenden alpinen Gemeinschaften darstellte. Heute dagegen sehen wir uns genau mit dem gegenteiligen Problem konfrontiert: Die Alpengletscher schmelzen buchstäblich vor unseren Augen, so dass man bereits das völlige Verschwinden der Dolomitengletscher in den nächsten Jahrzehnten befürchtet.
Nicht nur die Gletscher und die hochalpinen Lagen sind der Veränderung ausgesetzt. Die gesamten Alpen werden immer häufiger von extremen Wetterereignissen heimgesucht, deren Spuren für jedermann sichtbar sind und bleiben. Die Verwüstung durch den Vaia-Sturm, die zahlreichen Überschwemmungen durch heftige Regenfälle, das Aufeinanderfolgen von extremen Ereignissen (unter anderem heftige Hagelstürmen und Schneefälle) lassen mehr als eine Alarmglocke läuten und fordern uns auf, unsere Beziehung zu den Alpen und seinem Klima, unsere Wahrnehmung des Klimawandels und die mehr oder weniger wirksamen Schritte, die wir dagegen einleiten, in Frage zu stellen.
Die Geschichte hilft, die Gegenwart zu verstehen
Die Überquerung der Alpen durch Hannibal ist der Ausgangspunkt für eine jahrhundertealte Annäherung an das Hochgebirge, die ab dem Spätmittelalter intensiver wurde und das Verständnis der Geschichte Europas ab dem 16. Jahrhundert entscheidend prägt. Nach einer Analyse der Dynamiken, welche die Entdeckung der Alpen aus ökologischer, meteorologischer und klimatischer Sicht im 17. Jahrhundert gekennzeichnet haben, erfolgt der Versuch einer Neudefinition der Bergwelt, ausgehend von den Philosophen des 18. Jahrhunderts und den napoleonischen sowie österreichischen Militärtechnikern. Es schließt eine Untersuchung der aus der positivistischen Ära stammenden Studien an, mit einem verstärkten Augenmerk auf den Beginn der systematischen meteorologischen Beobachtungen, auf die Gründung von Observatorien in den Alpen sowie auf das gemeinsame Vorgehen nationaler (einschließlich des italienischen CAI) und übernationaler Organisationen für das Studium des Klimas. Eine letzte thematische Studie beschäftigt sich mit den vorwiegend klimatischen Zusammenhängen zwischen dem Ersten Weltkrieg und der alpinen Umwelt.
Der Autor
Alex Cittadella hat sich mit seiner „Breve storia delle Alpi tra clima e meteorologia“ (Herausgeber Club Alpino Italiano / Franco Angeli), den Sonderpreis Dolomiten UNESCO gesichert, der alljährlich in Tolmezzo während der Veranstaltung „Leggimontagna“ verliehen wird. Hier die Begründung der Jury: „Die Tatsache, dass die Geschichte der Alpen und ihrer Bevölkerung eng mit den Klimaveränderungen zusammenhängt, die im Laufe der Jahrhunderte stattgefunden haben, ist immer öfter Gegenstand von Untersuchungen und Publikationen. Mit seinem Werk macht es sich Alex Cittadella zum Ziel, einen weitreichenden und organischen, wenn auch notwendigerweise aus der Vogelperspektive aufgenommenen Einblick zu vermitteln, wie sich Siedlungen, Gewohnheiten und Gesellschaften in einem Gebiet verändert haben, das über Jahrhunderte seine kulturellen Eigenheiten bewahren konnte und sie zur Ausgangsbasis jeglicher sozialer, ethischer und ästhetischer Entwicklung gemacht hat. Dank dem humanistischen Hintergrund des Autors werden Aspekte beleuchtet, die oft vernachlässigt werden, wie beispielsweise die malerischen Hintergründe. Eine spezielle Beachtung fanden im Buch die Ostalpen, die allzu oft im Schatten ihrer westlichen «Brüder» bleiben.“