Sonia Anelli ist seit wenigen Monaten die neue Direktorin des Nationalparks Dolomiti Bellunesi. Die studierte Biologin stammt aus Parma und begann ihre Laufbahn im Bereich Umweltschutz im Regionalpark Appennino Tosco-Emiliano, der mittlerweile Nationalpark geworden ist. Ab 2021 leitete sie den Nationalpark Pantelleria.

Ph. Alberto Perer
Unter den landschaftlichen, geologischen, faunistischen und botanischen Besonderheiten des Nationalparks – was beeindruckt Sie am meisten und was kann Ihrer Meinung nach noch aufgewertet werden?
Seit ich mit den Parkbüros zusammenarbeite, bin ich beeindruckt von der enormen Arbeit, die in den Bereichen Monitoring, Erhaltung und Umweltschutz geleistet wurde. Der Nationalpark Dolomiti Bellunesi beherbergt wahre Naturschätze – darunter seltene und endemische Tier- und Pflanzenarten, die nur hier vorkommen und in manchen Fällen in diesem Gebiet Zuflucht gefunden haben. Kurz gesagt: Die Einzigartigkeit der Flora und Fauna dieses Parks muss weiterhin geschützt und aufgewertet werden!
Der Nationalpark dient in erster Linie dem Schutz der Natur, kann aber zugleich eine Chance für nachhaltige Entwicklung bieten – wie lässt sich hier ein Gleichgewicht finden?
Ich komme von Pantelleria, einer Insel, deren Landschaft stark vom Menschen geprägt wurde – man denke nur an die für die Insel typischen Trockensteinmauern. Wirtschaftliche Entwicklung sollte nicht verteufelt werden; in anderen Teilen der Dolomiten hat sie Wohlstand gebracht und es den Menschen ermöglicht, in den Tälern zu bleiben und dort zu arbeiten. Die Dolomiti Bellunesi bieten von Natur aus wenig Potenzial für wirtschaftliche Nutzung, etwa im Skitourismus. Gerade das hat dazu beigetragen, dass sich hier ein Reservat der Biodiversität erhalten konnte, dessen Wert uns oft nicht vollständig bewusst ist. Wir können das Gebiet auf eine umweltfreundliche Weise, etwa durch Wandertourismus und ein bewusstes, authentisches Naturerlebnis nutzen. Meine Erfahrung auf Pantelleria hat mir gezeigt, dass es nicht einfach ist, dieses Gleichgewicht zu wahren. Kritik an der Parkverwaltung kam sowohl vom Bauwesen als auch von nationalen Umweltverbänden … vielleicht ein Zeichen dafür, dass die Rechtsvorschriften ausgewogen angewendet wurden.
Die Verwaltung des Nationalparks hat mit dem Welterbe die ständige Herausforderung gemeinsam, dass die lokalen Gemeinschaften regelmäßig eingebunden sein müssen, um das Bewusstsein für die Bedeutung dieser Schutzmaßnahmen zu stärken: Was kann in dieser Hinsicht getan werden?
Ein Punkt, auf den die Menschen in Belluno stolz sein können, ist die bevorstehende Aktualisierung des Parkplans, die sich derzeit in der Genehmigungsphase befindet. Diese enthält abgestimmte und gemeinsam erarbeitete Regelungen. Das Gesetz schreibt vor, dass nicht nur Institutionen, sondern auch die Bürger selbst einzubeziehen sind – ein wertvoller Ansatz, der oft zur Entschärfung von Konflikten beiträgt. Die Entscheidung zur Einrichtung des Nationalparks wurde von demokratisch gewählten Verwaltern getroffen. Dies hat auch maßgeblich zur Aufnahme der Dolomiten in die Welterbeliste der UNESCO beigetragen. Denn die bereits existierenden Schutzgebiete waren ein entscheidender Faktor für die Anerkennung. Wer hier lebt, kann stolz darauf sein: Es ist ihr Verdienst, dass diese Landschaft bewahrt wurde.
Zudem wächst das Interesse an naturnahem Tourismus stetig. Die Menschen sehnen sich nach der Natur. Doch wenn die Landschaft Schaden nimmt, verliert sie ihren Wert und es gibt keinen Weg zurück.
Sie haben zuvor die Aktualisierung des Parkplans erwähnt. Wie ist der aktuelle Stand?
Die Parkverordnung befindet sich derzeit zur Genehmigung beim Ministerium für Umwelt und Energiesicherheit, während der Parkplan in der Region Veneto auf seine endgültige Verabschiedung wartet und voraussichtlich bald in Kraft treten wird. Nur wenige Parks verfügen über genehmigte und regelmäßig aktualisierte Pläne. Allerdings ist der Parkplan nicht das einzige Instrument zur Einbindung der lokalen Bevölkerung: 2025 werden wir beispielsweise die Europäische Charta für nachhaltigen Tourismus für weitere fünf Jahre erneuern. Sie fördert eine nachhaltige Tourismusentwicklung in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Tourismusbetrieben. Darüber hinaus gibt es Kooperationen mit Schulen, dem Alpenverein CAI und Initiativen zur Förderung des traditionellen Handwerks.
Neuer Direktor, Erneuerung der CETS, Aktualisierung des Parkplans – und auch die Ernennung von Ennio Vigne zum Verwaltungskommissar, der bereit seit 2019 Präsident war …
Ich möchte alle beruhigen: Das Wort „Kommissar“ mag nach einer Krise klingen, doch dem Park geht es hervorragend! Das fünfjährige Mandat des Präsidenten ist ausgelaufen, und bis das Ministerium eine Liste von Kandidaten vorschlägt, zu der die Region dann eine Stellungnahme abgeben muss, wird ein kommissarischer Verwalter eingesetzt. Er übernimmt übergangsweise die Aufgaben des Präsidenten und des Leitungsrats.