Ein Sommer 2021, in dem die Schutzhütten geöffnet sind und einen Tourismus unter Einhaltung der Regeln zum Schutz vor Covid-19 ermöglichen. Das erhoffen sich alle Akteure des Gebirgstourismus für die kommenden Monate. Aber welche Art von Tourismus? Der Sommer 2020 hatte das Spannungsfeld zwischen Qualität und Quantität im Tourismussektor ins Rampenlicht gerückt, das von Aspekten wie dem Respekt für die Bergwelt, Verhaltensregeln in unzugänglicher Umgebung und der Rolle der Hüttenbetreiber geprägt ist. Die Stiftung Dolomiten UNESCO wird dazu eine Kommunikationskampagne entwickeln, die von den Betreibern ausdrücklich gewünscht wird und sich insbesondere auf den verantwortungsvollen Umgang mit Wasser konzentriert.
„Hörst du das Lied der Berge?“ – ja, aber nicht unter der Dusche!
Manche fragen den Wirt nach einem frisch gepressten Orangensaft, andere nach einem Spritz mit Eis und Olive. Einige wollen die Wanderwege in Sandalen in Angriff nehmen, und wieder andere erkundigen sich, ob man die Hütte auf 2700 Meter Höhe mit dem Auto erreicht. Aber als die Betreiber der 66 Schutzhütten des Welterbes bei der jährlichen Fortbildung gefragt wurden, welches Thema bei der Kommunikationskampagne für mehr Bewusstsein im Mittelpunkt stehen sollte, antworteten sie ohne zu zögern: Wasser. Offensichtlich ist der verantwortungsvolle Umgang mit Wasserressourcen angesichts der schwierigen Versorgung in großen Höhen ein Konzept, das sich Touristen, die von einer Schutzhütte ähnliche Leistungen wie von einem Hotel oder Restaurant erwarten, nicht ohne Weiteres vermitteln lässt. Und so müssen wir nicht selten erklären, dass man in den Bergen nach einem langen, anstrengenden Tag auf Wanderwegen und Klettersteigen schonmal auf die Dusche verzichten muss (manchmal scheint es ein Problem zu sein, nicht zweimal täglich duschen zu können!). Es wird immer wichtiger, zu wissen, welchen Schwankungen die Füllstände der Becken bei fehlender Wasserleitung unterliegen, welche Kosten für den Betrieb und die Instandhaltung anfallen und welche „Wunder“ die Wirte täglich vollbringen müssen, um ihren Gästen ein Verpflegungs- und Übernachtungsangebot gewährleisten zu können. Nur wenn Wanderer sich dessen bewusst sind, können sie ganz in die Welt der Berge eintauchen und so die einmalige Erfahrung genießen, die sie als Protagonisten sieht.
Wenn Gletscher und Permafrost verschwinden …
Bei der Kampagne der Stiftung Dolomiten UNESCO geht es natürlich nicht nur um Verhaltensregeln, sondern auch um die tieferen Ursachen für die Notwendigkeit des Wassersparens. Der noch immer andauernde Temperaturanstieg des letzten Jahrhunderts hat wichtige Auswirkungen auf die Kryosphäre, d. h. auf die schnee- und eisbedeckten Flächen der Erde, die oft das einzige natürliche Wasserreservoir in großen Höhen sind. Die Gletscher gehen so schnell zurück, dass ihr vollständiges Verschwinden unterhalb von 3500 m bis zum Jahr 2050 erwartet wird. Viele Schutzhütten der Dolomiten in mittleren Höhenlagen befinden sich zudem in Karstgebieten, die in den Karbonatmassiven des UNESCO-Welterbes sehr häufig vorkommen. Diese Gebiete sind von Natur aus arm an Oberflächenwasser, da Regen- und Schneeschmelzwasser in der kalkig-dolomitischen Gesteinsmasse schnell versickern. Nur wer auch diese Aspekte des Erbes kennt, kann es in vollen Zügen genießen, erleben und respektieren.
Ph. Andreas Tamanini