Auf Entdeckungsreise in den Schutzgebieten des Welterbes Dolomiten UNESCO: des Nationalparks der Belluneser Dolomiten

Auf Entdeckungsreise in den Schutzgebieten des Welterbes Dolomiten UNESCO: fünfte Etappe

Interview mit dem Direktor des Nationalparks der Belluneser Dolomiten Antonio Andrich

“Wir haben gemeinsam einen Weg beschritten, der uns zu etwas Höherem führen wird und mit ihm wächst auch das Bewusstsein, “Teil eines Ganzen” zu sein; gleichzeitig halten wir an unseren Eigentümlichkeiten, unseren Werten, unserer Geschichte fest…”

Antonio Andrich, Direktor des Nationalparks der Belluneser Dolomiten

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Kurze Vorstellung des Nationalparks der Belluneser Dolomiten

Der Nationalpark der Belluneser Dolomiten wurde 1993 gegründet und erstreckt sich über eine Fläche von 32.000 Hektar im südlich-zentralen Teil der Provinz Belluno. Die westlichen bzw. östlichen Grenzen des Nationalparks verlaufen zwischen dem Cismon- und dem Piavetal, im Norden hingegen verläuft die Parkgrenze längs des Val Pramper und dem unteren Agordino. Die UNESCO-Gruppen des Nationalparks sind die Vette Feltrine, die Cimonega-Erera- Brendol-Gruppe, die Monti del Sole, die Schiara-Gruppe und die Gruppen des Talvena und des Pizzocco. Ein wichtiger Grund für die Ausweisung des Schutzgebietes ist die große wissenschaftliche und ökologische Bedeutung der Flora und der artenreichen Fauna; so konnte man in den letzten Jahren die spontane Rückkehr großer Arten wie dem Luchs und dem Bär verzeichnen.

Vertiefen Sie Ihr Wissen über das Teilgebiet Nr. 3: die Pale di San Martino, San Lucano, die Spitzen von Feltre und die Belluneser Dolomiten.

Interview mit dem Direktor des Nationalparks der Belluneser Dolomiten Antonio Andrich

Wie hat sich der Park nach der Anerkennung durch die UNESCO im Jahr 2009 verändert?

“Die Aufnahme der Dolomiten in die Liste des Welterbes der Menschheit hat uns die Möglichkeit gegeben, dieses Gebiet auf einheitliche Weise zu konzipieren und als solches zu vermitteln. In diesem Sinne wurden die grundlegenden Werte des Nationalparks unabhängig von einer territorialen Verwaltungsvision bestätigt. Dieses einheitliche Konzept bedingt, das es nicht mehr so wichtig ist, ob das das betreffende Gebiet nun ein Nationalpark, ein Regionalpark oder ein Naturpark ist, da nach der Aufnahme in die Liste des Welterbes alle Gebiete gleichermaßen Teil eines Welterbes sind.

Wir haben gemeinsam einen Weg beschritten, der uns zu etwas Höherem führen wird und mit ihm wächst auch das Bewusstsein, “Teil eines Ganzen” zu sein; gleichzeitig halten wir an unseren Eigentümlichkeiten, unseren Werten, unserer Geschichte und unserem Auftrag fest. Jedes Schutzgebiet hat nämlich auch einen eigenen spezifischen territorialen und institutionellen Auftrag.

Die Zugehörigkeit zu etwas Höherem konkretisierte sich auf bedeutende Weise in der Arbeitsgruppe des Netzwerkes für landschaftliches Erbe und Schutzgebiete, das institutionelle Gremium, in dem wir zusammen mit den anderen Schutzgebieten des UNESCO-Archipels zusammenarbeiten können. Aufgrund unserer Mitarbeit im Netzwerk habe auch wir unseren Beitrag für die Entstehung der Gesamtführungsstrategie geleistet.

Die Anerkennung durch die UNESCO hat einen homogenen Rahmen geschaffen, innerhalb dessen dank der Stiftung ein stabiler institutioneller Raum entstehen konnte, in dem alle Beteiligten sich miteinander auseinandersetzen können. Die Steuerung durch die Stiftung bedingt festgelegte Zielsetzungen und „zwingt“ uns zur Zusammenarbeit, um mit den Initiativen Schritt halten zu können. Dies ist sehr wichtig.

Weshalb ist es wichtig, der Stiftung beizutreten und aktives Fördermitglied der Stiftung zu werden?

“Die Stiftung ist die Körperschaft, die darauf achtet, dass die zum Zeitpunkt der Anerkennung festgelegten Zielsetzungen dann auch wirklich in die Realität umgesetzt werden.

Der Nationalpark ist Fördermitglied der Stiftung, und deshalb äußert sich sein Einsatz in primis in seiner Rolle und in der Arbeit seiner Vertreter im funktionellen Netzwerk des Naturerbes und der Schutzgebiete; außerdem trägt und unterstützt der Nationalpark so oft wie möglich Aktivitäten und Projektinitiativen der Stiftung. Das zentrale Thema ist die Beteiligung und auf dieser Ebene muss man zwischen der politischen und der verwaltungstechnischen Dimension unterscheiden. So gingen einige Projektvorschläge wie beispielsweise die Kartierung der Wanderwege mit Google von der Stiftung aus; diese von einem kommunikativen und innovativen Ansatz aus sehr interessante Initiative unterschied sich deutlich von der üblichen Informationsweitergabe über die Begehbarkeit und Zugänglichkeit des Territoriums.

Dieser neue Ansatz mag sehr wohl in einem ersten Moment einige Zweifel geweckt haben, ist jedoch auch sicherlich von einer gewissen Faszination, da es sich um Werkzeuge handelt, mit denen wir tagtäglich zu tun haben und die somit dazu geeignet sind, das Interesse vieler zusätzlicher potentieller Nationalparkbesucher zu wecken. Die Teilnahme am Netzwerk bedeutet auch, die bewährten Verfahren, die der Park im Laufe der Zeit entwickelt hat, einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dadurch kann die Stiftung auf ein umfangreiches Reservoir von Erfahrungen, Initiativen und Projekten zurückgreifen, um darauf aufbauend auch neue Initiativen zu entwickeln. Dies beruht auf Gegenseitigkeit: wir nehmen an der Ausarbeitung neuer Programme teil und übernehmen deren territoriale Umsetzung, im Gegenzug kann die Stiftung auf unsere Kompetenzen und Erfahrungen zurückgreifen, um Neues zu entwickeln”

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Mit welchem Mehrwert trägt der Nationalparks der Belluneser Dolomiten zum Szenario des UNESCO-Gutes Dolomiten bei?

“Unser Nationalpark, existiert seit 23 Jahren, er wurde 1993 ausgewiesen. Diese in dieser Zeit gemachten Erfahrungen spiegeln sich sowohl in Bezug auf die Strategien als auch in Bezug auf die konkreten Maßnahmen in der Beachtung der Zielsetzungen wieder, die das Gesetz zur Einrichtung der Nationalparks in den Mittelpunkt stellt.

Die bewährten Vorhaben, die schon vorher erwähnt wurden, beziehen sich auf einige grundlegende Kapitel: Planung, Erhaltung und Bewahrung, sozioökonomische Förderung; wir dürfen nicht vergessen, dass das Gesetz zur Ausweisung der Parks auch eine sozioökonomische Aufwertung vorsieht. Deshalb erstellt jeder Nationalpark einen sozioökonomischen Entwicklungsplan, um einerseits die Erhaltung der natürlichen Elemente, die wissenschaftliche Forschung und die Aufwertung des Parks und andererseits auch die Entwicklung des Territoriums und der Gemeinschaft unter einen Hut zu bringen.

Ein weiteres wichtiges Kapitel ist jenes der wissenschaftlichen Forschung und der Umweltbildung; in diesen Bereichen können wir mit zahlreichen positiven und auch in anderen Teilgebieten des Welterbes replizierbaren Erfahrungen aufwarten. Interessant ist auch, dass unser Park ein Nationalpark mit seiner eigenen Geschichteund seiner eigenen kulturellen und politischen Entwicklung ist: er wurde zwar 1990 ausgewiesen, der Weg dorthin begann jedoch in den sechziger Jahren, als man begonnen hat, sich über die Rolle und die Bedeutung des Parks als Schutzgebiet den Kopf zu zerbrechen. Wichtige Persönlichkeiten haben diesen Werdegang begleitet, wie zum Beispiel Piero Rossi, Virginio Rotelli, Giovanni Angelini, … diese Männer waren Vorreiter für die Schaffung des Nationalparks und haben sich als erste für den Schutz und die Erhaltung dieses Territoriums eingesetzt. Der große Mehrwert diese Parks ergibt sich dadurch, dass man es geschafft hat, das Territorium vor einigen Entwicklungsentscheidungen zu bewahren, die seine Einzigartigkeit, seine Werte und seine biologische Vielfalt gefährdet hättet. Der Park kann sich damit rühmen, die vor der Parkausweisung schon existierenden natürlichen Gleichgewichte erhalten zu haben, und daran sollten wir uns erinnern, wenn wir nach außen hin eine größere Sichtbarkeit und mehr Popularität erreichen möchten. Ich hoffe, dass dieser Wachstums- und Bewusstseinsprozess weitergeht und klar darstellt, weshalb ein Park einen nicht zu vernachlässigenden Mehrwert darstellt”

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Photo credit: Parco Nazionale Dolomiti Bellunesi